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Eine Brücke verbindet den Himmel und die Erde. Wegen der
vielen Farben nennt man sie die Brücke des Regenbogens. Auf jener Seite der
Brücke liegt ein Land mit Wiesen, Hügeln und saftigem grünen Gras. Wenn ein
geliebter Mensch auf der Erde für immer eingeschlafen ist, geht er zu diesem
wunderschönen Ort.
Dort gibt es immer zu essen und zu trinken und es ist warmes schönes Frühlingswetter.
Die Alten und Kranken sind wieder jung und gesund. Sie spielen den ganzen Tag
zusammen. Es gibt nur eine Sache, die sie alle vermissen:
Sie sind nicht mit ihren Menschen zusammen, die sie auf der Erde so sehr
geliebt haben. Trotzdem toben und spielen sie jeden Tag zusammen, bis eines
Tages plötzlich einer von ihnen innehält und aufsieht. Die Augen werden ganz
groß, die Ohren lauschen und die Nase bebt! Plötzlich rennt er aus der Gruppe
heraus und fliegt fast über das grüne Gras.
Die Füße tragen ihn schneller und schneller.
Er hat DICH gesehen!
Und wenn du und dein geliebter Mensch sich treffen, nimmst du ihn in deine Arme
und hältst ihn fest. Dein Gesicht wird geküsst, wieder und wieder, du hörst
seit ewigen Zeiten endlich wieder die Worte: „Mami, ich hab dich lieb!“, und du
schaust endlich wieder in die Augen deines geliebten Kindes, das so lange aus deinem
Leben verschwunden war, aber nie aus deinem Herzen.
Dann überschreitet Ihr gemeinsam die Brücke des Regenbogens
und Ihr werdet nie
wieder getrennt sein...
- Das Märchen von der traurigen
Traurigkeit
Inge Wuthe in: Alle Farben dieser Welt
Es war einmal eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war
wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den
frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der zusammengekauerten Gestalt
blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen,
das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine
graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen.
Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?" Zwei
fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit",
flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war.
"Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde
sie eine alte Bekannte begrüßen.
"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des
Weges begleitet."
"Ja, aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du
dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"
"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst
nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will:
Warum siehst du so mutlos aus?"
"Ich ... ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger
Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du
also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir
doch, was dich so bedrückt." Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr
diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon
gewünscht.
"Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es
ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter
die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber
wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und
meiden mich wie die Pest." Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben
Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das
Leben geht weiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot.
Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie
sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den
Schultern und im Rücken. Sie sagen: nur Schwächlinge weinen. Und die
aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit
Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir
schon oft begegnet." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich
zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz
nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest bauen,
um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut.
Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut
sehr weh... Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen
weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht,
dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen
über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit
zu."
Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und
schließlich ganz verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene
Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie
und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.
"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich
aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr
alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch
mehr an Macht gewinnt."
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete
erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber...aber - wer bist eigentlich du?"
"Ich?" sagte die kleine Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie
wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen.
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- "Ich bin die
Hoffnung!"
Sigrid Ehlert
22307 Hamburg
E-Mail: kontakt@sigrid-hamburg.de
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