Ralfs
Schwester Claudia, die
zum Zeitpunkt des Unfalls 9
war konnte mir noch einiges
erzählen
.
Der Unfall ist am
Nachmittag des 12.04.1973
geschehen. Ralf wohnte mit
seiner Familie
in
Mönchengladbach-Rheydt-Hockstein
auf der Böningstr. Es war
ein eher kalter Apriltag,
aber dennoch wollte
er
ein Eis haben, als er
den Eiswagen bimmeln
hörte.
Zu dem Zeitpunkt war er
mit seinem Vater alleine
zu Hause. Seine Schwester
war draußen, seine Mutter
drei Häuser weiter beim
Frisör. In diesem Haus
(Frisör) wohnte auch seine
Oma
.
Wie mir von ihr damals
erzählt wurde, war Ralf an
dem Tag nicht "gut drauf",
wo er sonst immer ein sehr
lieber, liebenswerter
Junge war, was auch der
Grund war, weshalb ich ihn
so mochte. Und ich glaube,
er mochte mich genauso. Er
war für mich was ganz
besonderes. Wenn ich nach
Hockstein kam, habe ich
mich immer auf Ralf
gefreut. Er war ein lieber
Freund für mich und die
"Großen" sagten immer, wir
würden sicher mal heiraten
;-)
Ich schweife ab.
;-)
Er hatte wohl auch eine
Erkältung hat mir seine
Schwester erzählt, Halsweh
und so, trotzdem
Eis.
Er sollte keins haben, die
Mutter hatte es wohl
verboten (Erzählung von
Oma), aber er hat seinen
Papa so lange angebettelt,
bis er ihm schließlich ein
50-Pfennig-Stück
gab.
Dann soll er noch gesagt
haben, Ralf solle auf den
Bus aufpassen. Das war
nämlich das einzige
Fahrzeug was durch diese
Strasse hätte kommen
können.
Der Eismann stand auf der
anderen
Straßenseite.
Die Strasse war zu dem
Zeitpunkt gesperrt, weil
Arbeiten an ihr
durchgeführt wurden, nur
Anlieger und der Bus
durften
fahren.
Als Ralf zum Eismann
rannte kam kein Bus, aber
ein PKW, der wohl einem
Straßenarbeiter gehörte,
der von der Baustelle kam
(?) Das ist alles sehr
verworren, denn hier
beginnen
Schuldzuweisungen, und,
und, und... aber auf jeden
Fall wurde Ralf von dem
Wagen erfasst und durch
die Luft geschleudert. Er
kam am Haus des Frisörs zu
liegen. Meine Oma, die
kurz vorher aus dem
Fenster geschaut hat, hat
den Unfall gesehen. Ralfs
Mutter hörte den Aufprall
und "wusste", das es ihr
Sohn war. Sie konnte wohl
nur mit Gewalt zurück
gehalten werden. Seine
Schwester hat ihn liegen
sehen. Blut lief ihm aus
den Ohren, der Nase, dem
Mund. Wie sich später
herausstellte, hatte er
einen doppelten
Schädelbasisbruch und wäre
schwerstbehindert
geblieben. Er ist entweder
auf dem Weg ins
Krankenhaus oder im
Krankenhaus gestorben. In
der Hand hielt er immer
noch das
50-Pfennig-Stück...
Und seine Schwester sagte
mir, als ich mich vor
einigen Tagen mit ihr über
ihn unterhielt. Sie sieht
ihn noch immer da
liegen und weiß, dass er
rote Hausschuhe
trug...
Es tat so gut mit ihr zu
reden, es tut so gut, ihn
aus der Versenkung zu
holen, denn in der
damaligen Zeit wurde er im
wahrsten Sinne des Wortes
totgeschwiegen. Keiner
sprach mehr von ihm und
jeder tat, als sei nichts
passiert, ganz furchtbar.
Ich denke, auch deshalb
brauchte es so viele
Jahre, ihn mir zurück zu
holen. Nun hat er einen
festen Platz in meinem
Herzen und ich schäme mich
nicht (mehr) auch nach so
langer Zeit noch um ihn zu
trauern.
Wenn ich alleine schon
bedenke, was seine
Schwester durchgemacht
hat. Kein
Notfallseelsorger hat sich
ihrer oder ihrer Eltern
angenommen, sie mussten es
irgendwie verpacken und
haben es auf denkbar
schlechte Weise gemacht,
nicht drüber
reden...
Schön, dass Eltern nun
anders mit ihrem schweren
Verlust umgehen und ihn so
betrauern wie das Kind es
verdient hat, betrauert zu
werden!
Ich selber habe zwei
gesunde Kinder von 11
(Pascal) und 14
(Jacqueline) Jahren und
danke dem lieben Gott
jeden Tag dafür
!